Im 19. Jahrhundert wurden die noch heute dominierenden Aufschlussverfahren zur Herstellung von Faserstoff für die Papiererzeugung entwickelt. Die wesentlichen Grundverfahren sind das Sulfit- und das Sulfatverfahren.
Ziel der Zellstoffherstellung ist es einzelne Fasern freizulegen, das Lignin zu entfernen und Harz ebenfalls zu beseitigen. Dabei sollen Cellulose und Hemicellulose geschont werden und wenig Lignin nachdunkeln. Die Prozesse sollten natürlich umweltschonend und wirtschaftlich sein. Die Allgemeine Ausbeute von Holz bei der Zellstoffherstellung liegt bei ca. 55 %. Dies liegt an dem Lignin, welches in die Ablauge (Abwasser) geht und den zum Teil angegriffenen Cellulosen und Hemicellulosen.
Das Sulfitverfahren wird oftmals auch "saurer Aufschluss" genannt, da der pH-Wert kleiner als 7 ist.
Kochchemikalie: | schweflige Säure (H2SO3), Magnesiumhydroxid (Mg(OH)2) |
pH-Wert: | ≈ 4 |
Kochdauer: | 8 - 10 Stunden |
Kochtemperatur: | ≈ 140 °C (Überdruck) |
C19H29COOH + H+ →Säuren lösen kein Harz!
Harz wird mit Dispergiermittel gelöst, damit es in die Ablauge (Prozessabwasser) geht.
Aus schwefliger Säure:
H2SO3 + 2OH- → HSO3- + H2O + OH- → SO32- + 2H2O
Das Bisulfit (HSO3-) verbindet sich mit dem Lignin zu hochmolekularen hydrophilen Ligninsulfonsäuren. Dann setzt eine Hydrolyse der Ligninsulfonsäuren ein und H+-Ionen spalten die hochmolekularen Ligninsulfonsäuren in kleinere wasserlösliche Ligninsulfonsäurenmoleküle.
Chemikalienrückgewinnung: | Ablauge verbrennen |
Asche enthält MgO: | MgO + H2O → Mg(OH)2 |
Rauchgas enthält SO2: | SO2 + H2O → H2SO3 |
Cellulose und Hemicellulose werden durch die Säuren angegriffen und beschädigt. Es wird kein Harz gelöst. Durch Verzicht auf Laugen erfährt das Lignin keine Alkali-Vergilbung.
Das Sulfat-verfahren wird oftmals auch "alkalischer Aufschluss" genannt, da der pH-Wert größer als 7 ist.
Kochchemikalie: | Natronlauge (NaOH), Natriumsulfid (Na2S), Natriumsulfat (Na2SO4) |
pH-Wert: | ≈ 10 |
Kochdauer: | 4 - 5 Stunden |
Kochtemperatur: | ≈ 180 °C (höher als Sulfit) |
C19H29COOH + OH- → C19H29COO- + H2O ⇒ Laugen lösen Harz!
Hydrolyse: Spaltung des Lignins durch OH--Ionen
Chemikalienrückgewinnung: | Ablauge eindicken und unter Sauerstoffmangel verbrennen |
Aus Schwefelverbindungen: | Na2S (Natriumsulfid, Kochchemikalie) |
Aus Na und C: | Na2CO3 (Zur Kaustifizierung) |
Kaustifizierung: | Na2CO3 + Ca(OH)2 → 2NaOH + CaCO3 |
Kalk brennen: | CaCO3 → CaO + CO2 |
Kalk löschen: | CaO + H2O → 2Ca(OH)2 (zur Kaustifizierung) |
Vorteile des Sulfatverfahrens
Durch die vielen Vorteile des Sulfatverfahrens, hat dieses sich mit 95 % Marktanteil gegenüber dem Sulfitverfahren durchgesetzt. Die größten Vorteile sind die bessere Rückgewinnung der Prozesschemikalien, ein geringerer Anspruch an die Qualität der Rohstoffe hinsichtlich des Harzgehalts, sowie der geringere Installationsaufwand. Die zunächst schlechte Bleichbarkeit von Sulfatzellstoffen, wurde durch weiterentwickelte Bleichverfahren ausgeglichen.
Des Weiteren ist der Prozess unempfindlich gegenüber Rinde, hat eine deutlich kürzere Kochzeit und der Zellstoff hat viel höhere Festigkeiten. Daher wird Sulfatzellstoff oftmals auch als "Kraftzellstoff" bezeichnet.
Das Lignin wird in beiden Kochverfahren entfernt. Um Aufschluss darüber zu erhalten wie hoch der Restligningehalt ist, wird eine Titration angewendet. Dazu wird eine 0,1-molare Kaliumpermanganat-Lösung (KMnO4) eingesetzt. Verbildlicht gesprochen misst man wie viel ml der Lösung von 1 Gramm Faserstoff durch Oxidation bei Raumtemperatur in 10 Minuten "verbraucht" werden. Dieser Wert wird Kappa-Zahl genannt.
Ähnliches beschreibt die Chlor- oder auch Roe-Zahl genannt. Hier geschieht die Oxidation des verbleibenden Lignins durch Cl-Gas. Hier werden allerdings 100 Gramm Faserstoff und 15 Minuten vorgegeben.
Durch den chemischen Aufschluss können die Fasern in ihrer Substanz beim chemischen Angriff auf das Lignin beschädigt werden. Der Polymerisationsgrad als Maß für das durchschnittliche Molekulargewicht gibt Auskunft über die Schädigung der Fasern und damit über das zu erwartende Festigkeitspotenzial.
Die Bestimmung des Polymerisationsgrades erfolgt durch Auflösen von Zellstoffproben in einem Lösungsmittel, meistens Cupri-Ethylen-Diamin. Im nächsten Schritt wird die kinematische Viskosität dieser Lösung bestimmt (z.B. in einem Kapillarviskosimeter). Aus der Viskosität lässt sich nun der Polymerisationsgrad errechnen.
Im Gegensatz zur Holzstoffbleiche wird hier das Lignin entfernt. Leider gehen bei diesem Prozess auch einige Hemicellulosen in Lösung und somit verloren.
Die Zellstoffbleiche folgt mehreren Bleichsequenzen, die aus mehreren Bleichstufen bestehen. Die bezeichnen die Zugabe des Bleichmittels und die anschließende Extraktion (Wäsche) mit Natronlauge (NaOH).
Durch die Alkali-Vergilbung, die während des Sulfat-Verfahrens stattfindet, hat die Zellstoffbleiche von diesem ca. doppelt so viele Bleichstufen nötig wie die des Sulfit-Verfahrens.
Die häufig anzutreffenden Kürzel "TCF" und "ECF" stehen für Total- und Elementar-Chlor-Frei. Damit sind die eingesetzten Bleichchemikalien gemeint, die typischerweise Chlor (Cl2), Hypochlorit (NaClO) oder Wasserstoffperoxid (H2O2) sind. Wichtig ist, dass der erlaubte AOX-Wert (Adsorbierbare Organisch gebundene Halogene) nicht überschritten wird. Dieser steht für den Chloranteil im Wasser.
Die meisten Papierfabriken haben keine eigene Kochung und müssen sich daher ihren Zellstoff liefern lassen. Damit dies geschehen kann, müssen die Zellstoff-Kochereien ihren Zellstoff trocknen und konfektionieren.